Glossar
Bildung
K
Kompetenzorientierung
Schule und Arbeitswelt - Kompetenz ist nicht gleich Bildung
Ohne „Kompetenzen“ geht heute in Schule wie Arbeitswelt nichts mehr. Der Schriftsteller Alexander Estis stellt diesen Begriff infrage, sieht darin eine Leerformel: Es gehe schlicht um die Zurichtung von Menschen, auf der Strecke bleibe die Bildung. Ein kritischer Podcast-Beitrag von Alexander Estis · 02.05.2022
Mündigkeit
Hier die Umschreibung des Begriffes "Mündigkeit" von Eberhard Jung:
"Mündigkeit umschreibt im rechtlichen Sinne die uneingeschränkte Geschäfts- und Deliktsfähigkeit, die mit dem Erreichen der Volljährigkeit eintritt. Im pädagogischen Sinne zielt sie auf den Menschen als vernunftbegabtes, spontanes und selbstreflexives Wesen, dessen Denken und Handeln im freiheitlichen, sozialen und demokratischen Gemeinwesen Eingang findet. Das Bildungsziel Mündigkeit ähnelt den Zielen -> Freiheit, Autonomie, -> Emanzipation, -> Partizipation, bezieht aber zusätzlich die anthropologischen Voraussetzungen mit ein sowie die Möglichkeit und Verpflichtung zu eigenem Urteil und selbst verantwortlichem Handeln.
In der Zeit der Aufklärung löste Kant den Menschen aus der theologischen Vorstellung der absoluten Unmündigkeit vor Gott und aus der affirmativen, durch Staat und Gesellschaft vorgegebenen Normierung. Aufklärung definierte er als den „Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit". Die Selbstverschuldung verstand er als Zusammenwirken moralisch fragwürdiger individueller Faktoren (Faulheit, Feigheit) mit gesellschaftlicher Bevormundung. Erziehung zur Mündigkeit muss eigenständiges Denken, Urteilen und Handeln in moralischer Verantwortung ermöglichen und verhindern, dass die natürliche Unmündigkeit von Kindern durch „selbsternannte Vormünder" in eine dauerhafte Unmündigkeit führt.
Mündigkeit ist sowohl personelles Bildungsziel als auch Leitidee politischer, ökonomischer und sozialwissenschaftlicher Bildung. So zielt die ökonomische Bildung auf mündige Verbraucher, Berufswähler, Erwerbstätige und Wirtschaftsbürger. Diese mündigen Akteure sind ökonomisch selbstbestimmte, urteils-, handlungs- und gestaltungsfähige Subjekte. Sie sollen in die Lage versetzt werden, für ihr eigenes wirtschaftliches Verhalten im Bewusstsein der Konsequenzen fachlich fundierte, vernünftige und verantwortliche Entscheidungen zu treffen und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten fachlich und moralisch zu beurteilen und mitzugestalten. Insofern erfordert das Bildungsziel Mündigkeit auch, ökonomische Situationen und Probleme aufzuspüren, die mit Beschränkungen der individuellen Entfaltung oder einer lebenswerten Gesellschaft einhergehen, um unhinterfragte Anpassung zu verhindern. Gleichzeitig erfordert es, die Fähigkeit zur Selbstbestimmung und eigenständigem Urteil durch die Bewältigung von Entscheidungs- und Konfliktsituationen zu fördern.
- Benner, Dietrich; Brüggen, Friedhelm. 2004. Mündigkeit. In: Benner, Dietrich; Oelkers, Jürgen, Hg. Historisches Wörterbuch der Pädagogik. Weinheim, 697-699.
- Gamm, Hans-Jochen. 1997. Erziehung zur Mündigkeit. In: Mündigkeit - Zur Neufassung materialistischer Pädagogik. Jahrbuch für Pädagogik. Frankfurt/M., 115-128.
Eberhard Jung"
Jung, Eberhard (2008): Mündigkeit. In: Reinhold Hedtke und Birgit Weber (Hg.): Wörterbuch Ökonomische Bildung. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag, S. 237-238.
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